Zinsen vom Finanzamt

Hinweis

Eines vorweg, ich bin kein Steuerberater oder arbeite in einem Lohnsteuerhilfeverein. Ich schreibe hier lediglich mein Wissen nieder. Da ich dieses Thema gewissenhaft recherchiert habe, kann ich dies auch mit bestem Gewissen hier schreiben.

Trotz all dem kann ich nicht die Vollständig- und Richtigkeit garantieren, sodass Sie immer auf der sicheren Seite sind, wenn Sie sich Hilfe eines Experten heranziehen. Genauso kann ich die Aktualität nicht garantieren, weil die Gesetzes-, sowie Steuerlage sich permanent ändern.

Den meisten Menschen graut es schon davor, wenn sie an ihre Steuererklärung denken – dabei kann sie so viel Potenzial mitbringen. Man hört immer wieder diese Gruselstorys: “Wenn du einmal eine Steuererklärung machst, musst du immer eine machen” oder “das lohnt sich nicht, letztes Jahr durfte ich nachzahlen” usw.

Diese Aussagen sind verallgemeinert und nicht korrekt. Denn jeder Mensch muss steuerlich anders behandelt werden. Der eine ist Single, der andere verheiratet; der Arbeitsweg, lebt er zur Miete oder in einem Haus, vielleicht hat er auch zusätzliche Einkünfte durch Mieteinnahmen?

Eines ist fakt, durch solche Aussagen wie oben beschrieben, verschenken die Menschen tausende von Euros an den Staat – was ihnen zugestanden hätte.

Wie sicher ich mir die 6 Prozent Zinsen vom Finanzamt?

Sollten Sie einer der glücklichen sein – die durch das Finanzamt nicht gezwungen sind eine Steuererklärung abzugeben und Sie mit einer Steuerrückerstattung rechnen können – wäre die folgende Methode für Sie 6% Zinsen extra Wert.

Profitieren von der Antragsveranlagung

Wenn Sie, wie gesagt nicht verpflichtet sind (Pflichtveranlagung), können Sie von der Antragsveranlagung (siehe: §46 EStG) profitieren. Das bedeutet: Sie haben die Möglichkeit 4 Jahre rückwirkend Ihre Steuererklärung abzugeben. Der Zinslauf beginnt 15 Monate (siehe: §233a) nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. 

Ab diesem Zeitpunkt zahlt Ihnen das Finanzamt 0,5% Zinsen pro Monat! (siehe: §238 AO)

Das macht in einem vollen Kalenderjahr 6% Zinsen auf Ihre Rückerstattung aus. (Siehe Screenshot unten)

Diese Rendite schlägt aktuell in unserer Niedrigzinsphase jedes Tages- und Festgeldkonto.

Wenn mir das vorher bewusst gewesen wäre, bzw. wenn ich es überhaupt gewusst hätte – würde ich es rückwirkend anders machen.

Finanzamt - Höhe und Berechnung der Zinsen
§238 AO: Die Zinsen betragen für jeden Monat 0,5%

Wer muss eine Steuererklärung abgeben?

Sobald eine Bedingung erfüllt ist, muss eine Steuererklärung abgegeben werden.

  • Freibeträge z.B. von Fahrtkosten oder Kinderbetreuung und gleichzeitig einen Lohn im Jahr von  mehr als 11.400 EUR (Single) oder 21.650 EUR (Verheiratet).
  • Verheiratet mit Steuerklassenkombination 3 oder 5 oder beide 4 mit Faktor.
  • Wenn Sie geschieden wurden und Sie oder Ihr Ex-Partner im gleichen Jahr wieder geheiratet haben.
  • Zusätzliche Einkünfte > 410 EUR. Zum Beispiel aus Vermietung, Verpachtung, Renten, Zinseinnahmen aus P2P-Krediten.
  • Lohnersatzleistung > 410 EUR.
  • Wenn Sie von mehreren Arbeitgebern Lohn erhalten hatten.
  • Zwei Gehälter: Steuerklasse 6.

Dadurch gelangen Sie leider nicht in die Gunst der 6% Zinsen vom Finanzamt. Denn es wird selten möglich sein über 15 Monate die Erklärung hinauszuzögern.

Eine freiwillige Steuererklärung abzugeben lohnt sich besonders

  • Wenn Sie hohe Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen hatten.
  • Sich Ihre Steuerklasse im Laufe des Jahres geändert hat.
  • Die Höhe Ihres Arbeitslohnes im Laufe des Jahres variiert.
  • Wenn Sie wenig verdienst und eine zweite Berufsausbildung gestartet hatten. (Nutzen des Verlustvortrages)
  • Wenn Sie eine Berufsausbildung abgeschlossen haben und im selben Jahr einen guten Facharbeiterlohn erhalten hatten.

Ausnutzung der 4-Jahresfrist

Für Pflichtveranlagte:

Wir haben das Jahr 2018 und möchten eine Steuererklärung für das vergangene Jahr 2017 erklären. Für Bürger die ihre Erklärung selbst erstellen und (Pflichtveranlagt) sind, gilt der 31.Mai 2018 als Stichtag. Schafft man es nicht rechtzeitig zum Abgabetermin (fehlende Unterlagen, Auslandsaufenthalt usw.), sollte man schriftlich das Finanzamt um eine Fristverlängerung bitten.

Frist bis Ende des Jahres verlängern

Lassen die Pflichtveranlagten die Steuererklärung von einem Steuer-Experten – wie dem Steuerberater oder eines Lohnsteuerhilfevereines erstellen, haben diese bis zum 31.Dezember 2018 Zeit.

Hinweis: Ab dem Jahr 2019 verschiebt sich die Abgabefrist um 2 Monate.

2018 müssen Pflichtveranlagte ihre Steuererklärung noch bis zum Stichtag den 31.Mai abgeben.

Im Jahr 2019 ist der neue Stichtag der 31.Juli.

Für Antragsveranlagte (freiwillige Steuererklärung):

Wir haben das Jahr 2018 und möchten die Steuererklärung für 2017 erledigen. Weil es freiwillig ist, Nutzen wir die Antragsveranlagung aus. Dabei muss kein Formular ausgefüllt werden – es bedeutet einfach nur, dass du rückwirkend deine Erklärung abgibst.

  • Die Erklärung von 2017 muss spätestens am 31.Dezember 2021 bei dem Finanzamt vorliegen.
  • Zurück bekommt man den Bescheid für die Erklärung – je nach Bearbeitungszeit – Anfang März 2022.
  • Für jeden vollen Monat zahlt Ihnen das Finanzamt 0,5% Zinsen. (In dem Fall, April 2019 – Februar 2022)
  • Der Zinslauf beginnt am 01.April 2019 (15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem die Steuer entstanden ist)

Rechenbeispiel

Beispielsweise würden wir jetzt für das Jahr 2017 – 1000 EUR von dem Finanzamt zurückerhalten.  

1000 EUR Steuererstattung x 0,5% Zinsen/Monat 35 verzinste Monate : 100% = 175 EUR Zinsen.

Diese Zinsen gibt es obendrauf auf die Steuererstattung und das macht zum Schluss 1175 EUR.

Müssen die Zinsen versteuert werden?

Leider zählen diese Zinsen als Kapitaleinkünfte (siehe: §20 Abs. 1 Nr. 7 EStG n. F.) und müssen für das Jahr versteuert werden, in dem Sie sie erhalten hatten.

In diesem Fall müssen wir diese zusätzlichen Zinsen in der Steuererklärung – Anlage KAP eintragen.

Denn es fallen [25% Abgeltungssteuer + 5,5% Solidaritätszuschlag], gegebenenfalls noch Kirchensteuer von 8% – 9% je nach Bundesland an.

Das macht eine Kapitalertragssteuer von rund 26,4% die man noch von den Zinsen abziehen muss (macht das Finanzamt). Am Ende bleiben Ihnen noch von den 175 EUR ~128 EUR übrig. Jetzt kommt noch eine gute Nachricht. Jeder Bürger hat einen Sparerpauschbetrag (Single 801 EUR/ Verheiratet 1602 EUR).

Wo werden Erstattungszinsen in der Anlage KAP eingetragen?

Formular Anlage Kap 2017
Formular vom Finanzamt

Der Sparerpauschbetrag

Wem sein Sparerpauschbetrag noch nicht durch andere Kapitaleinkünfte ausgeschöpft ist – durch Aktien, klassische Fonds, ETF-Fonds, Vermietung und Verpachtung, P2P-Kredite usw. – wird Ihnen diese Summe vom Finanzamt nicht versteuert, sondern Ihr Sparerpauschbetrag mindert sich nur um diesen Betrag.

Das sieht dann wie folgt aus.

  • Single 801 EUR Sparerpauschbetrag
  • 801 EUR – 175 EUR = 626 EUR

Ihr Sparerpauschbetrag mindert sich auf 626 EUR und die Zinsen vom Finanzamt (175 EUR) müssen Sie nicht versteuern. Sollte Ihr Sparerpauschbetrag bis zu 0 EUR aufgebraucht sein, wird jeder weitere Euro den Sie als Kapitaleinkünfte erhalten – mit rund 26,4% versteuert.

Möchten Sie Wissen wie viel Abgeltungssteuer bei Ihnen fällig wird, – wenn Sie Ihr Sparerpauschbetrag aufgebraucht haben – dann kann ich Ihnen den Rechner von  n-heydorn als Tipp mitgeben.

Nachteile – Die Kehrseite der Medaille

Wo es Vorteile gibt, gibt es meist auch Nachteile.

  • Steuernachforderungen als auch Steuererstattungen des Finanzamtes werden mit 0,5% berechnet.

Das bedeutet: Sollten Sie dem Finanzamt gegenüber Lohnsteuer-Schulden aufweisen, weil Sie zu wenig Lohnsteuer gezahlt hatten, wird eine Steuernachforderung für Sie fällig. 

Wenn Sie eine nun freiwillige Steuererklärung abgeben und die 15 Monate Zinslauf haben begonnen, wendet sich das Blatt gegen Sie. Denn nun zahlen Sie pro Monat dem Finanzamt 0,5% Zinsen – die zusätzlich zur Steuernachforderung berechnet werden.

Hinweis:

Wenn Sie eine Steuererklärung rückwirkend für 2017 im Jahr 2021 abgeben, müssen diese fortlaufend gemacht werden. Das heißt, das Finanzamt möchte dann auch das Jahr 2018 – 2020 von Ihnen haben.

Sollten Sie nun feststellen, dass das Jahr 2018 nicht so gut für Sie lief, – durch Arbeitslosigkeit oder in Anspruch genommene Elternzeit – würde evtl. eine Steuernachforderung für Sie fällig werden. (z.B. durch zu wenig gezahlte Lohnsteuer oder weniger anrechenbare Werbungskosten)

Sie müssen die Steuererklärung nicht abgeben, wenn Sie begründen können warum – in dem Fall wäre es die Arbeitslosigkeit, die Elternzeit oder was Anderes. Mit etwas Nachsicht vom Finanzamt, brauchen Sie dann dieses Jahr 2018 nicht abgeben und müssten demnach auch nicht die anfallenden Zinsen zahlen.

Prüfe Sie Ihre Steuererklärung

  • Damit Sie nicht dem Finanzamt ins offene Messer laufen, wäre es immer klug, eine Steuererklärung vorab durchzuführen. Denn dadurch erfahren Sie, ob Sie mit einer Steuernachforderung oder Steuererstattung rechnen können.
  • Heben Sie alle Belege auf die Sie für Ihre Steuererklärung gebrauchen können.
  • Erstellen Sie einen separaten Aktenordner.
  • Nutzen Sie ggf. eine schriftliche Fristverlängerung, falls Sie den Abgabetermin nicht einhalten können – zwecks fehlenden Unterlagen usw.
  • Ist Ihnen die Sache allein zu nervig und umständlich, dann nutzen Sie einen Steuerberater/Lohnsteuerhilfeverein bei der Erstellung. Die Expertenhilfe können Sie bis zu 100 EUR absetzen.
  • Nutzen Sie eine gute Steuersoftware*, wie die Steuer Spar Erklärung 2018*, diese geben gute Tipps um das Optimum aus Ihrer Steuererklärung herauszuholen + Sie können diese Software absetzen.

Fazit

Wer nicht Pflichtveranlagt ist, kann sich die Antragsveranlagung zunutze machen und somit attraktive 6 Prozent Zinsen kassieren. Es ist zwar schade, dass diese Zinsen als Kapitaleinkünfte zählen und versteuert werden müssen, doch mit dem Sparerpauschbetrag von (801 EUR Single/ 1602 Ehe) kann man diese Versteuerung in Grenzen halten.

Haben Sie schon einmal die Antragsveranlagung für sich beansprucht? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht? Ich freue mich über Ihre Kommentare und Anregungen.

 

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Für Ihre Hilfe bedanke ich mich vielmals. 🙂 

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